Ensemble Polwechsel

Polwechsel: Ambient-Webern mit Chicago-Anleihen (O'Rourke), eine Musik also, die man 1993, zum Zeitpunkt der Aufnahme, noch gar nicht kannte und nie so genannt hätte. Komponierte Improvisation und Noise und Slow-Motion-Glissandi die sich immer wieder und wieder überlagern und wenn überhaupt eine Tradition dann die der großartigen AMM, also The Practise (und ich würde ergänzen: the Poetry) of Self-lnvention. Nur das diese Musik zu Teilen (Pol) komponiert ist und aber auch improvisiert (Pol)? Daffeldecker und Stangl machen herb-trockene, metallische Flächen (Pol) oder diese Derek Bailey Splitter (Pol) und Radu Malfatti erfindet immer wieder neu: die Posaune, mal poliert (Pol) mal prustend (Pol). So wird die Musik heftig (Pol) leise (Pol) und arbeitet genau an diesem Gegensatz und dem zwischen realer und erlebter Zeit (Pol-Pol).
aus: Jazzthetik

Beim Auftritt des österreichischen Polwechsel-Quartetts (Dafeldecker, Malfatli, Moser, Stangl) knisterte es ganz gewaltig in der Conway Hall. Die extrem zurückgenommenen Geräuschkompositionen von Polwechsel bauten ein immenses Spannungsfeld auf und strapazierten die Konzentrationsfähigkeit der Zuhörer bis ins Unerträgliche. Vielleicht kann eine solchermaßen reduzierte Musik am Rande der Stille wirklich nicht in spontaner Improvisation entstehen, sondern nur im disziplinierten Zurücknehmen der einzelnen Musiker durch die strenge Bindung an einen Notentext.
aus: Jazzthetik