
Einige Romanisten sprechen von einem weiteren großangelegten
Romanprojekt, das zur Encyclopedie in Konkurrenz getreten sein soll, wodurch
sich die beiden unbeugsamen Herren dem Autor zusehens entfremdeten. Von
jenem Bestiarium, das Flaubert zusehens in Anspruch nahm, sind jedoch kaum
Fragmente erhalten, bis auf eine spekulative Anatomie des Bären und
eine Abhandlung über Fettsucht bei Reptilien. Immerhin geht der zoologische
Garten von Rouen auf eine Initiative des Romanciers zurück, ebenso
wie ein Restaurant, das sich bis heute auf die Zubereitung von Haustieren
spezialisiert: Pudel in Senfsauce und Sittiche in Aspick stehen genauso
auf der Speisekarte wie gefüllte Hamster. Flaubert spielt auf seine
Intentionen in einem Brief an Louise Colet an: "Gehen wir davon aus,
daß das Haustier durch wundersame Transformation zur ausgesiedelten
Seele seines Besitzers wird (anima vagans). Das Bellen des Hundes entspräche
einem brünstigen Gebet, jedes einzelne Fürzchen einer vorüberfliegenden
Depression seines Besitzers. Welche metaphysische Versuchung wäre
es doch, eine kulinarische Anstalt zu begründen, sozusagen ein Restaurant,
in dem der beseelte Mensch, also zB. der Hundebesitzer, seinen Hund, also
seine Seele höchstselbst, zu verspeisen und zu verdauen die Möglichkeit
erhält!"
Text : Herbert Maurer
